16. September 2019

Kommentar

Die Meisterpflicht im Werkdienst

Im Jahr 2004 änderte die damalige Bundesregierung die Handwerksordnung und über 50 Handwerksberufe verloren die Meisterpflicht. Die Gründe der Handwerksreform waren einfach: man wollte zusätzliche Arbeitsplätze schaffen und eine hohe Hürde bei Betriebsgründungen senken. Es genügte, eine Gesellenprüfung in der Tasche zu haben. Schon zu Beginn warnten zahlreiche Institutionen im Handwerk – darunter der Präsident des Bayerischen Handwerktages – vor dieser Novellierung. Trotzdem wurde der Meisterzwang teilweise abgeschafft. Nach 15 Jahren nun die Kehrtwende, zumindest für zwölf Gewerke. Die Bundesregierung plant einen Gesetzentwurf im Bundestag vorzulegen, der die Meisterpflicht bei Selbständigkeit wieder zur Bedingung macht.

Doch ein Meisterbrief ist nicht nur ein Gütesiegel der Berufsausbildung, er steht auch für Qualität im Handwerk. Ebenso ist er Voraussetzung für den Einstieg in den Werkdienst der Bayerischen Justizvollzugsanstalten. Diese Bedingung ist aber keine Selbstverständlichkeit. Auch hier gab es im Jahr 2014 bereits Pläne, die Einstellungsvoraussetzungen abzusenken. Die Frage war, kann eine Gesellenprüfung mit anschließender praktischer Tätigkeit von fünf Jahren einen Meisterbrief ersetzen? Wir sagten nein. Von Anfang an lehnte der JVB diese Aufweichung der Einstellungsvoraussetzungen ab. Intensive Gespräche und Stellungnahmen vor dem Erlass der Verordnung (FachV-J) verhinderten solch ein Vorhaben. Ein früheres Mitglied der Landesleitung sagte mir vor Kurzem: „damals haben wir uns den Mund fusselig geredet, um die Meisterpflicht für den Justizvollzug zu erhalten.“ Und das tat der JVB aus gutem Grund. Ein „Runterschrauben“ von Qualifikationen wäre der falsche Weg. Wenn man mit einer geringeren Ausbildung als der Meisterausbildung das Gleiche erreichen kann, würde sich kein Meister mehr für den Werkdienst interessieren. Für unsere vorhandenen Kolleginnen und Kollegen (mit Meisterbrief) wäre es zudem ein Schlag ins Gesicht gewesen. Die Intention des JVB lag in erster Linie auf der Wertigkeit des gesamten fachlichen Schwerpunkts. Denn der Rotstift ist schnell gezückt. Nach dem Motto: geringere Qualifikation ist gleich geringere Bezahlung, zumindest bei den Neueinstellungen im Werkdienst. Ich habe keinen Zweifel daran, dass der ein oder andere Haushaltspolitiker solche Schlüsse ziehen würde.

Umso wichtiger war die Entscheidung des Justizministeriums und der Politik, nicht an den Einstellungsvoraussetzungen des Werkdienstes zu rütteln. Stattdessen setzt man auf eine andere Karte. Ganz im Sinne des JVB. Man sucht geeigneten Nachwuchs im Werkdienst über Anreize, nicht über das Absenken von Zugangsvoraussetzungen. Die stetige Erhöhung beim Anwärtergrundgehalt, der Anwärtersonderzuschlag, die Erhöhung der Meisterzulage aber auch „weiche“ Kriterien wie Urlaubsregelungen oder Vereinbarkeit von Familie und Beruf bringen Lösungen. Festzuhalten bleibt: der Werkdienst im Bayerischen Justizvollzug genießt – auch wegen der Meisterpflicht – ein hohes Ansehen. Unsere Handwerksmeister vermitteln Wissen und Können. Sie leiten Betriebe und stellen die hohe Qualität bei Aus- und Weiterbildung der Gefangenen sicher.

 

Kommentar von Thomas Benedikt

stellvertretender Landesvorsitzender und Redakteur der JVB-Presse